Bericht über Eroberung eines Motorboots auf dem Kivu-See



Der folgende Bericht schildert eine der vielen kleineren Grenzscharmützel an der deutsch-belgischen Grenze in Rwanda. Begegnungen zwischen Belgiern und Deutschen waren eher zufälliger Natur, dauerten kaum einige Stunden und gingen mit wenigen Verlusten einher. Bemerkenswert sind die kriegsgefangenen Europäer. Sie scheinen zu den Abenteuern gehört zu haben, die sich bei Ausbruch des Krieges der einen oder anderen Seite anschlossen. Comte d'Hust war vermutlich ein Afrikaforscher und Ägyptologe, der aus Luxemburg stammte. Er hatte allerdings auch deutsche Wurzeln, besass Land und Güter in Deutschland, England und Tirol. Über seine Staatszugehörgkeit scheint es viele Unstimmigkeiten zu geben. Er war entweder deutscher, französischer oder englischer Staatsbürger (Quelle: https://countriamodhulst.wordpress.com/)
Interessant ist auch, dass der deutsche Offizier im Bericht die belgischen Askari immer als Belgier bezeichnet und nicht, wie sonst üblich, als Afrikaner. 
Bericht   

I.                     Über die Wegnahme eines belgischen Stahlbootes und Gefangennahme seiner Besatzung.

II.                    Ueber das Abschießen eines belgischen Einbaumes und seiner Besatzung am -18. September 1914 durch das Motorboot der Marine-Abteilung des Kivu-Sees.

Motorboots-Besatzung:

Oberleutnant z. S. Wunderlich, als Führer, Vermessungs-Gast Pollewessel, als Maschinist,

Matrose Böttcher, als Maschinengewehr-Schütze, Kriegsfreiw. v. Gebhardt,

Askari: Wasiri bin Asmani von der Polizei-Abteilung in Udjidji, Afani

bei I. hat noch teilgenommen:

Obervermessungsgast Herms.

Am 16. September war die Hauptabteilung der mobilen Schutztruppe von Ruanda mit ihrer Marine-Abteilung von Bugonde nach Maji ya moto,  1 ½ Wegstunden südlich Kissenji, gefahren.

Am 17. September unternahm Hauptmann Wintgens einen Vorstoss gegen die Grenze, an dem ich nicht teilnahm, da ich malaria- krank zu Bett lag. Am 18. früh hat!« ich zum Befehlsempfang aus demselben Grunde als meinen Vertreter den Kriegsfreiwilligen von Gebhardt nach dem inzwischen vorgeschobenen Lager der Hauptabteilung geschickt.

Hier orientierte von einem Berge aus von Gebhardt Hauptinann Wintgens über die Lage von Xgomn usw., als sie gegen 6 Uhr mor- [21] gens bemerkten, wie das grosse Stahlboot der Belgier Ngoma verliess, anscheinend mit Kurs nach Bobandana.

Von Gebhardt überbrachte mir den Befehl zu jagen.

7 Uhr fuhr das mit einem Maschinengewehr armierte Motorboot mit vorstehender Besatzung vom Bootslager ab.

Das Stahlboot schien anfangs nichts gemerkt zu haben, fuhr mit direktem Kurs nach Bobandana und war gegen 8l.hr noch etwa 5 km von Bondana entfernt. Auf 1000 m Abstand eröffnete ich dae Maschinengewehr-Feuer. Gleich bei den ersten Schüssen waren Treffer zu beobachten, worauf die belgische Besatzung teils aussenbords sprang, teils sich unter Deck verkroch. Die militärische Besatzung warf sich hinter das eiserne Schanzkleid in Deckung und erwiderte aus etwa 3 Gewehren mit ca. 30 Schuss das Feuer. 1 Schuss traf das Motorboot oben auf den Stevenbeschlag und und riss ein Stück Eisen ab. Unterdessen war das Motorboot, von Zeit zu Zeit feuernd, in schneller Fahrt bis auf etwa 100 m Steuerbord achteraus von dem bewegungslos liegenden Stahlboot angekommen, als auf diesem das Feuer eingestellt und mit einer weissen Flagge gewinkt wurde. Wir gingen längsseit. und fanden im Stahlboot einen belhttps://countriamodhulst.wordpress.com/gischen weissen Unteroffizier Meyvis. einen französischen Elefantenjäger Charles Comte d‘Hust, Baron de Lepino (den Jüngeren), 2 belgische Askari, 2 mit Gewehren bewaffnete Boys, etwa 15 Eingeborene-Baharia und noch einige andere Boys. Das Stahlboot hatte etwa 20 Treffer erhalten, die glatt durchgeschlagen waren. Die an Deck stehenden Stühle waren mehrfach angeschossen. Comte d‘Hust hatte einen Schuss in die linke Seite, ein Baharia war tot und ertrunken, 3 verwundet worden.
Comte d'Hust in Ägypten (Quelle:  https://countriamodhulst.wordpress.com/)


Wir hatten etwa 350 Patronen verfeuert.

Die Besatzung gab sich kriegsgefangen und die aussenbords in Feuerlee an der Ankerkutte hägenden Baharia kletterten wieder an Deck.

Die Waffen nahmen wir ins Motorboot.

2 Askari-Gewehre und Seitengewehre, eine Comte d'Hust gehörige 9 mm Winchester-Repitier-Bürschbüchse, 2 Hinterlader sehr alter Konstruktion etwa 11 mm. 1 Doppelflinte, 1 Browningpistole und mehrere Buschmesser.

Obervermessungsgast Herms und unsere beiden Askari besetzten  das Stahlboot, das wir dann nach Kissenji einschleppten und es an Hauptmann Wintgens abgaben. Dort wurde im Boot noch Munition, 4000 Fr. und Postbeutel mit wichtiger Dienst- und Privatpost vorgefunden.

Das Motorboot nahm unsere 2 Askari an Bord. Obervormessungsgast Herms blieb auf dem Stahlboot und fuhr ins Bootslager zurück.

Am selben Nachmittag unternahm ich auf Befehl des Militärbefehlshabers eine Erkundungsfahrt nach Bobandana. Etwa 1 km vor Bobandana sahen wir einen Einbaum, der [23] mit 3 belgischen Askari und 3 Baharia besetzt war, vor uns nach Land zu flüchten.

Auf etwa -100 m lies ich ca. 20 Schuss mit dem Maschinengewehr abgeben. Daraufhin sprangen die Baharia über Bord und hielten sich im Feuerlee am Einbaum fest. 2 Askari feuerten einige Male und sprangen dann mit ihren umgehängten Gewehren gleichfalls über Bord. Ein belgischer Ombascha blieb, anscheinend tot oder verwundet, lang ausgestreckt im Einbaum liegen. Der Einbaum und seine Bemannung war mehrmals getroffen worden. Beim Motorboot war ein Schliss durchs Sonnensegel gegangen.

Wir fuhren auf etwa 10 m heran und riefen den Belgiern, die im Wasser den Einbaum immer so drehten, dass sie den Einhaum zwischen sich und uns brachten, zu, sie sollten zu uns rüberschwwimmen. Ein Baharia. der einen Fleischschuss in einen Arm und einen ins Bein erhalten hatte, wurde auch so aufgefischt, hängte sich aber an unser Heck mit seinen Beinen in der Nähe der Schraube, sodass wir die Maschine nicht mehr angehen lassen konnten. Die beiden anderen Baharia waren auch verwundet und versanken. Die beiden Askari versuchten im Wasser über den Einbaum weg zu schiessen. Als wir mit Gewehren schossen, tauchten sie und versuchten so wegzukomnen, ihre Gewehre hatten sie über die Schulter gehängt. Sie wurden im Wasser erschossen.

Wir nahmen den am Heck hängenden Baharia über und kamen auf etwa 2 m an den Einbauni ran. Meine beiden Askari standen auf dem Heck, um den Einbaum aufzugreifen, da richtete sich der im Einbaum lang liegende verwundete belgische Ombascha auf und feuerte auf etwa 3 m Entfernung auf einen meiner Askari. Der Schuss ging so nah an dessen Kopf vorbei, dass sein Tarbusch ins Boot flog, und durchschlug dann den Flaggstock. Der Belgier rollte sich nun aus dem Einbaum ins Wasser, tauchte mehre male und wollte wegschwimmen. Er wurde im Wasser erschossen.

Bezeichnend für die Einschätzung der belgischen Asknri durch unsere Askari ist Folgendes: Unsere Askari waren zuerst mächtig erbost auf den belgischen Ombascha, dann aber sagte einer folgendes: „amekufa kama mwananune hapana kama mwanamke.“

Im Einbaum fanden wir ein belgisches Askari-Gewehr, Seitengewehr usw., etwa 150 Patronen und mehrere Askari-Bekleidungsstücke. Da der Einbaum mehrmals durchschossen und wertlos geworden war, sprengten wir ihn durch Dynamit.

Unterdessen waren wir näher unter Land getrieben und bekamen plötzlich von einem Berge, etwa 3 km nördlich Bobandana, auf etwa 2000 m Feuer. Alles ging zu kurz. Schützen waren nicht zu entdecken. Ich liess das Feuer nicht erwidern.

Wir hatten im Ganzen etwa 50 Schuss verschossen. Wir gaben den verwundeten Baharia in Kissenii ab; er berichtete, der Einbaum [24] hätte von Bobandana nach Ngoma fahren sollen, um Nachrichten abzuholen. Auf der Rückfahrt sahen wir noch, das auf dem belgischen Posten in Ngoma die Flagge eingeholt war, die am Vormittag noch geweht hatte. Es war gegen 4 Uhr. Nur eine starke belgische Wache lag noch auf dem Hügel nahe der Grenze

gez. Wunderlich, Oberleutnant zur See.

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